Was ist Legasthenie?
Und ist das schlimmer als LRS?
Meine recht schlichte Antwort auf diese Frage ist simpel:
Legasthenie ist auch nur eine Bezeichnung.
Ja, genau.
Wir brauchen in unseren Strukturen Namen für Dinge:
Nur wenn wir den Dingen Namen geben, können wir diese auch einteilen.
Und damit können wir Menschen - in diesem Fall unsere Kinder - kategorisieren.
Ich habe diese Begriffsfindung in meiner Arbeit NIE berücksichtigt.
Ob ein Kind mit Legasthenie oder LRS diagnostiziert war, hat mich schlicht nicht interessiert.
Deshalb unterscheide ich das nicht.
Die Kinder haben einen anderen Zugang zur Sprache als die meisten anderen.
Das reicht mir als Beschreibung völlig aus.
Ob andere das als...
... Legasthenie ...
... Lese-Rechtschreib-Schwäche ...
... Wahrnehmungsstörung ...
... Beeinträchtigung der phonologischen Bewusstheit ...
... bezeichnen, ist mir herzlich gleichgültig.
Was Legasthenie für mich ist?
Eine Bezeichnung, die
Lehrkräften
Schulen,
Ministerien,
Kinderärzten,
Therapeuten,
Gutachtern,
Förderinstituten und
noch vielen mehr...
dabei hilft, unseren Kindern ein Stempelchen aufzudrücken.
Ein Stempelchen, das eher unberechtigt ist!
Was Legasthenie (und auch LRS) für mich auf gar keinen Fall ist:
Ein Stempelchen um Kinder als...
... dumm ...
... schwerfällig ...
... langsamer ...
... behindert ...
... doof ...
...erscheinen zu lassen.
Das ist nämlich kompletter Unsinn!
Ja, ich bin sogar vom Gegenteil überzeugt:
Ich habe in meiner Arbeit wirklich unglaublich viele Kinder kennen lernen dürfen, die auf mich eher ausgesprochen aufgeweckt und pfiffig wirkten.
Ich weiß, dass manche Eltern beinahe Unglaubliches erlebt haben:
Das beginnt bei Lehrerinnen, die mit leicht vorwurfsvoller Miene Eltern auffordern, doch nun endlich mal etwas zu tun ...
... geht weiter bei anderen Eltern, die nichts besseres zu tun haben, als überall herum zu erzählen, dass ihr Kind "so etwas" ja schließlich nicht hat ...
... und macht auch nicht halt vor Verwandten, die mehr oder weniger vorwurfsvollen Blicken zu dir schicken - nur weil einer der Großeltern mit dem Schreiben auch schon mal Probleme hatte.
Nur die Bezeichnung Legasthenie wurde damals nicht so offen verwendet, wie heute.
Falls du jetzt gerade ein wenig zusammen gezuckt bist, weil eine Erinnerung in deinem Kopf aufgetaucht ist...
... dann versuch trotzdem möglichst locker zu bleiben.
Ich versuche dann immer, mir zu überlegen, was diese anderen Menschen wohl bewegt, sich genau so zu verhalten.
Meistens komme ich zu einem recht einfachen Ergebnis:
Lass mich eines der Beispiele nehmen:
Wenn jemand betont, dass "sein Kind so etwas schließlich nicht hat..." dann steht für mich dahinter schlicht Angst.
Die Angst, dass das eigene Kind so etwas haben könnte.
Es kommt aber noch etwas hinzu:
Nämlich eine gehörige Portion Unfähigkeit.
Die Unfähigkeit sich mit einem Thema wie Legasthenie oder LRS auseinander zu setzen.
Möglichst neutral.
Mit dem Ziel effizient zu helfen.
Ich denke, wir sind gerade auf einem guten Weg.